Selbstbestimmt und selbständig das Leben zu meistern, ist für die meisten Menschen etwas ganz Selbstverständliches. Aber ein plötzlicher Unfall oder eine Krankheit können das komplette Leben von einer Minute auf den Kopf stellen und die eigene Möglichkeit, frei über sich zu bestimmen, einschränken oder sogar unmöglich machen! Wer jedoch frühzeitig festlegt, was er im Falle eines Falles mit einer Betreuungsverfügung zulässt oder ablehnt, rettet seinen Willen und seine Wünsche auch in die Zukunft.
Die Betreuungsverfügung ist eine gute Möglichkeit der individuellen und selbstbestimmten Vorsorge für den Fall, dass man selbst nicht mehr in der Lage ist, seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln. Der Vorteil einer Betreuungsvollmacht ist, dass sie nur dann ihre Wirkungen entfaltet, wenn es tatsächlich erforderlich wird, im Unterschied zu einer Vorsorgevollmacht.
Das Betreuungsgericht muss zunächst darüber entscheiden, wer die Betreuung übernimmt. Mit einer gültigen Betreuungsverfügung können Personen diese Entscheidung des Gerichts aber in ihrem Sinne beeinflussen.
Offiziell wurde die Betreuung durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz eingeführt . Sie wird in den §§ 1896 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt:
§ 1896 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Voraussetzungen
(1) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Soweit der Volljährige auf Grund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.
(1a) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.
(2) Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1897 Abs. 3 bezeichneten Personen gehört, oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
(3) Als Aufgabenkreis kann auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestimmt werden.
(4) Die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten und über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten seiner Post werden vom Aufgabenkreis des Betreuers nur dann erfasst, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat.
(https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1896.html)
In einer Betreuungsverfügung werden die persönlichen Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich einer Betreuung festgelegt, die im Betreuungsfall z. B. durch einem Unfall oder krankheitsbedingt nicht mehr geäußert werden können. Mit der Betreuungsvollmacht kann jeder Mensch schon im Vorfeld festlegen, wen das Gericht als rechtlichen Betreuer bestellen soll. Das Gericht ist an diese Wahl gebunden, wenn sie dem Wohl der zu betreuenden Person nicht zuwiderläuft. Daher sollte die Betreuungsverfügung auch schriftlich verfasst und im besten Fall notariell beglaubigt werden.
Zudem kann in einer Betreuungsverfügung festgelegt werden, wer Betreuer werden soll, aber auch, wer nicht. Ebenso können in einem Betreuungsfall Wünsche bzgl. des Aufenthaltsortes festgelegt werden und ob im Pflegefall eine Betreuung zu Hause oder im Pflegeheim gewünscht wird. Sogar ein konkretes Senioren- oder Pflegeheim, kann in einer Betreuungsverfügung benannt werden.
Achtung!
Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht räumt die Betreuungsverfügung einem Dritten jedoch keine Vollmacht ein. Nur mittels einer Vorsorgevollmacht kann eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilt werden. In der Regel ist es daher zweckmäßig, eine Vorsorgevollmacht mit einer Betreuungsverfügung zu verbinden. So kann man Sorge tragen, dass nur eine Person des Vertrauens sich um alle relevanten Lebensbereichen kümmert.
Muster einer Betreuungsverfügung
Mit dem Formular „Betreuungsverfügung“ haben Sie die Möglichkeit, eine entsprechende Musterverfügung für Ihren Gebrauch aufzurufen.
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Formulare/Betreuungsverfuegung.html
Zunächst ist eine Betreuungsverfügung kostenlos, denn jeder kann diese selbst aufsetzen. Eine Beglaubigung ist nicht erforderlich, hilft aber schnell alle Zweifel auszuräumen, was im Falle des Falles wichtig sein kann.
Durch zusätzliche Leistungen, die in Anspruch genommen werden können, können jedoch Kosten entstehen, so z. B. die Kosten für die Beratung durch einen Anwalt oder einen Notar. Ebenso Kosten für Vorlagen für eine Betreuungsverfügung oder Kosten für die Hinterlegung der Verfügung im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (https://www.vorsorgeregister.de).
Für folgende Posten bzw. Leistungen können Kosten entstehen. Diese können in der Höhe stark variieren:
Bei notarieller Beurkundung entstehen Kosten entsprechend des Vermögenswertes, die sich an die Kosten für eine Vorsorgevollmacht anlehnen:
http://www.notarkosten.org/notarkosten-betreuungsverfuegung.php
TIPP:
Gegen eine geringe Gebühr (10 EURO) kann die Betreuungsverfügung bei jeder örtlichen Betreuungsbehörde beglaubigt lassen werden. Grundlage hierfür ist § 6 Abs. 2 BtBG. Ein Verzeichnis der zuständigen Behörden für Ihre Region finden Sie hier: https://www.bgt-ev.de/links.html#c1067
So sparen Sie sich die (höheren) Kosten eines Notars.
Wer eine Betreuungsvollmacht aufsetzt, sollte sich bei der Wahl der Betreuungsperson Zeit und Ruhe nehmen. Nicht immer ist die liebste Person, auch die geeignetste. Denn der Betreuer soll kompetent und vertrauensvoll unterstützen und vor allem die Wünsche und Bedürfnisse im Sinne der betreuten Person wahrnehmen.
Grundsätzlich kann die Betreuung einer betreuungsbedürftigen Person jeder übernehmen, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
Nach § 1902 BGB vertritt der Betreuer den Betreuten innerhalb seines Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich. Ihm kommt daher die Stellung eines gesetzlichen Vertreters zu.
Ein gesetzlicher Betreuer ist also diejenige Person, die vom Betreuungsgericht bestimmt wurde, sich um einen bestimmten Menschen zu kümmern/zu betreuen, der selbst nicht mehr in der Lage ist, eigenständig Entscheidungen zu treffen. Als gesetzlicher Vertreter vertritt der Betreuer den Betroffenen in den angeordneten Aufgabenkreisen.
Steht kein geeigneter ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung, so wird ein Berufsbetreuer bzw. eine Berufsbetreuerin bestellt.
Die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers erfolgt je nach Erfordernis für bestimmte Aufgabengebiete. Nur wenn der Betroffene auf Grund einer Krankheit oder Behinderung keine seiner Angelegenheiten mehr selbst besorgen kann, ist ein Betreuer „für alle Angelegenheiten“ zu bestellen. In diesem Fall erlischt nach § 13 Bundeswahlgesetz auch das Wahlrecht des Betroffenen.
In der Regel wird ein gesetzlicher Betreuer immer zuerst in der Familie der zu betreuenden Person gesucht. Häufig ist dies der Ehepartner, die Kinder und zuletzt weitere Verwandte.
In einer Betreuungsverfügung kann jedoch konkret bestimmt werden, wer gesetzlicher Vertreter sein soll.
Es kann auch sinnvoll sein, mehrere Personen in der Betreuungsverfügung zu benennen, falls eine der Personen die Aufgaben und Pflichten nicht ganz übernehmen kann.
So kann sich beispielsweise jemand um die finanziellen Angelegenheiten kümmern, während ein anderer für die medizinischen Wünsche des Betroffenen zuständig ist .
Findet sich niemand aus dem Familienkreis, so kann das Betreuungsgericht einen Betreuer als gesetzlichen Vertreter bestimmen. Hier handelt es sich um Betreuer, die keinerlei Verbindung zur betreuenden Person haben.
Wer keinen fremden Betreuer haben möchte, sollte daher in jedem Fall ein Betreuungsverfügung hinterlegen und darin genau festlegen, wer im Ernstfall die gesetzliche Betreuung übernehmen soll.
Häufig wird der Begriff „Betreuung“ falsch verstanden und mit einer „sozialen Betreuung“ verwechselt. Viele gehen davon aus, dass es sich bei der „rechtlichen Betreuung“ um eine praktische Lebenshilfe zur Bewältigung des Alltags handelt. Richtig ist jedoch, dass der „rechtliche Betreuer“ die Angelegenheiten des bzw. der Betroffenen rechtlich zu besorgen hat. Hierdurch soll dem zu betreuenden Menschen die weitere Teilhabe am öffentlichen Leben und am Rechtsverkehr ermöglicht werden. Ziel ist es, diese, im Rahmen seiner seiner Fähigkeiten, nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
Zudem soll der Betreuer z. B. dazu beizutragen, dass Möglichkeiten der Rehabilitation genutzt werden, die eine Betreuung im besten Fall überflüssig werden lassen.
Hierbei soll den Wünschen der betreuten Person soweit wie möglich entsprochen werden. Es darf nicht über ihre Wünsche hinweg entschieden werden. Wichtige Angelegenheiten muss ein Betreuer vorher mit der betreuten Person besprechen.
Von einer rechtlichen Betreuung wird dann gesprochen, wenn das Betreuungsgericht einen volljährigen und geeigneten Betreuer bestellt und dabei festlegt, für welche Aufgabengebiete eine Unterstützung erfolgen soll. Das Gericht muss hierbei jedoch auf die verwandtschaftlichen und persönlichen Beziehungen der Betroffenen sowie auf die Gefahr eines Interessenkonfliktes Rücksicht nehmen. Steht kein geeigneter ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung, so wird ein sog. Berufsbetreuer bestellt.
Sofern im Rahmen der Betreuung Kosten anfallen, können diese direkt mit dem Vermögen des Betreuten abgerechnet werden. Dabei müssen allerdings alle Rechnungen und Belege immer aufbewahrt werden, da sie bei der jährlichen Prüfung durch das Gericht eingereicht werden müssen.
Zu den Kosten, die normalerweise erstattet werden, gehören in der Regel: Telefongebühren und Fahrtkosten. Sofern die betreute Person mittellos ist, kann das Gericht die Kostenerstattung nach Prüfung billigen.
In fast jeder Familie gibt es Konflikte, die im schlimmsten Fall mit einem Kontaktabbruch enden. In diesem Fall besteht kein Zwang, eine Betreuung zu übernehmen. Das Betreuungsgericht kann allerdings verlangen, dass in einem solchen Fall die konkreten Gründe für eine Ablehnung dargestellt werden.
Auch das Alter spielt eine wichtige Rolle.
Ist ein möglicher gesetzlicher Vertreter zu alt, kann die Betreuung ebenfalls abgelehnt werden. Häufig ist dies bei einem gleichaltrigen Ehepartner der Fall. Dieser fühlt sich oft der Aufgabe nicht mehr gewachsen. Deshalb ist es wirklich wichtig, sich frühzeitig über eine mögliche Betreuung Gedanken zu machen und in einem Betreuungsdokument einen gesetzlichen Betreuer festzustellen, der im Ernstfall nach den formulierten Wünschen und Vorstellungen handelt.
Sobald eine Betreuungsverfügung verfasst und ggf. sogar mit notarieller Hilfe oder anderweitig beglaubigt wurde, ist sie gültig und verliert ihre Gültigkeit nicht. Eine Betreuung an kann jedoch enden, z. B. weil die betreute Person sich nach einer Krankheit vollständig erholt hat und ihre Angelegenheiten nun wieder vollkommen selbst regeln kann.
Eine Betreuungsvollmacht endet mit dem Tod des Vollmachtgebers. Dies wurde in einem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg 2015 noch einmal bestätigt (1 U 72/15).
Mit einer Vorsorgevollmacht ermöglicht man einer ausgesuchten Person als Vertreter des Betreuten aufzutreten und im Namen des Betreuten zu handeln. Hierdurch entfällt die Bestimmung eines Betreuers durch ein Gericht (vgl. § 1896 Abs. 2 BGB). Damit entfällt das Risiko, dass das Gericht nicht den in der Betreuungsvollmacht bestimmten Betreuer bestimmt (hierbei handelt es sich nämlich nur um einen Vorschlag an das Gericht). Zudem unterliegt der Bevollmächtigte nicht der Überwachung durch das Gericht. Nachteilig kann der Bevollmächtige jedoch empfinden, dass die Vollmacht i.d.R. sofort gilt und nicht erst im Betreuungsfall.
Es ist also nicht möglich sowohl eine Betreuungsverfügung und eine Vorsorgevollmacht gleichzeitig zu erteilen.
Zusammengefasst kann gesagt werden: Wer einen unabhängigen und ungebundenen Vertreter wünscht, wählt die Vorsorgevollmacht. Wer sich hingegen eine Kontrolle des Betreuers durch ein Gericht wünscht (etwa weil keine vertrauenswürdige Person gefunden werden kann), wählt die Betreuungsverfügung.
Broschüre Betreuungsrecht:
www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Betreuungsrecht.html
Formular für die Betreuungsverfügung:
www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Formulare/Betreuungsverfuegung.html
Weiterführende Informationen:
www.bmjv.de/DE/Themen/VorsorgeUndPatientenrechte/Betreuungsrecht/Betreuungsrecht_node.html
Sehen Sie hier ein Interview mit dem Experten für Betreuungsrecht, Rechtsanwalt Professor Dr. Volker Thieler zu den Themen Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung.