Für Bewohner von betreuten Wohneinrichtungen oder Pflegeeinrichtungen ist es häufig schwierig, Pflegemängel oder ungenügende Versorgung anzusprechen. Oft trauen sie sich nicht, ihrem Ärger Luft zu machen. Viele haben Angst, die pflegerische Unterstützung der Einrichtung zu verlieren und fürchten Repressalien durch das Pflegepersonal.
Wer Probleme mit dem Pflegeheim hat, weiß häufig erst einmal auch nicht, was er dann tun soll. Bei wem kann man sich beschweren? Und was kann man tun, wenn sich die Situation nicht verbessert? Leider sind viele ältere oder hilfebedürftige Menschen auch nicht in der Lage, ihre Ansprüche vor Gericht gelten zu machen, vor allem, wenn es keine unterstützenden Angehörigen gibt. Sie fühlen sich mit der Situation überfordert. Trotzdem ist es wichtig das Gespräch mit den Verantwortlichen zu suchen, denn in einer gut geführten Einrichtung sollte Kritik als Chance betrachtet werden, immer die eigene Leistung zu verbessern.
Erster Schritt: Das Gespräch suchen
Ein erster Schritt ist zunächst direkt die Heimleitung anzusprechen, die Mängel zu benennen und eine konstruktive Lösung zu suchen. Verbessern sich die Zustände jedoch nicht, kann man, z. B. bei einem Pflegemangel, wie etwa Wundliegen oder Austrocknung, den Hausarzt informieren, der wiederum die Pflegekasse informiert.
Handelt es sich um Probleme wie unfreundliches Personal, kann der Heimbeirat um Hilfe gebeten werden. Wenn sich die Probleme dennoch nicht lösen lassen, können Betroffene sich zudem auch an die Heimaufsicht wenden.
Sollten jedoch all diese Gesprächsversuche nicht zum gewünschten Ergebnis führen und die Mängel weiterbestehen oder sich sogar verschlechtern, kann man Unterstützung bei Interessensverbänden wie z. B. der BIVA-Beratungsdienst finden, die auch juristische Hilfestellungen geben (https://www.biva.de/beratungsdienst/).
BIVA-Pflegeschutzbund
Der BIVA-Pflegeschutzbund vertritt seit 1974 die Interessen von Menschen, die Hilfe oder Pflege benötigen und daher in betreuten Wohnformen leben. Er setzt sich für die Stärkung der Rechte von Bewohnerinnen und Bewohnern aller Heimarten und Wohnformen ein und kämpft erfolgreich für Menschenwürde und Selbstbestimmtheit im Alter und bei Behinderung. Der BIVA-Pflegeschutzbund ist unabhängig und gemeinnützig. Er bietet auch Angehörigen Rat und Information in schwierigen Situationen bei Pflege und Betreuung.
Wo man sich darüber hinaus beschweren kann und wie man eine Beschwerde richtig einlegt, verraten auch die ARAG Experten:
Verbraucherschlichtung
Dank EU-Recht gibt es hierzulande seit April 2016 die Verbraucherschlichtung. Sie soll helfen, Konflikte zwischen Verbrauchern und Unternehmen einfach, schnell und kostengünstig – und vor allem außergerichtlich – zu lösen. Betroffene können sich je nach Branche an so genannte Verbraucherschlichtungsstellen wenden, also Einrichtungen, die bestimmte Anforderungen an Fachwissen, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Transparenz erfüllen. Eine aktuelle Liste dieser Schlichtungsstellen (https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Verbraucherschutz/Liste_Verbraucherschlichtungsstellen.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D24) kann auf der Seite des Bundesamtes für Justiz heruntergeladen werden.
Wenn es – wie beispielsweise bei Wohn- und Betreuungseinrichtungen – keine branchenspezifische Schlichtungsstelle gibt, hilft die vom Bundesamt für Justiz anerkannte unabhängige „Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle“ weiter. Die Teilnahme an einer Schlichtung ist für beide Parteien freiwillig und für Verbraucher grundsätzlich kostenlos. Die Kosten trägt allein der Unternehmer, in diesem Fall also die Pflegeeinrichtung. Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten, die eine Webseite haben oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwenden, sind seit 2017 dazu verpflichtet, darin mitzuteilen, ob sie an einer außergerichtlichen Schlichtung teilnehmen oder nicht. Die Experten empfehlen daher, schon bei der Auswahl der Pflegeeinrichtung darauf zu achten, dass dies der Fall ist.
Beschwerde einlegen – so geht’s
Umfang der Pflegeleistungen, störrische Zimmergenossen, Entgelterhöhungen, Kündigung des Pflegevertrages – Konfliktsituationen gibt es in Wohn- und Betreuungseinrichtungen reichlich. Wenn es Bewohnern nicht gelingt, die Streitigkeit mit der Einrichtung zu klären, haben sie bei den meisten Konflikten die Möglichkeit, einen Schlichter um Unterstützung zu bitten. Die Beschwerde kann formlos per Fax, Mail, Post oder über einen Online-Antrag bei der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle eingereicht werden. Doch die Experten raten zu einem vorherigen Telefonat mit der Schlichtungsstelle, um in einem Gespräch zu prüfen, ob das Anliegen an der richtigen Stelle gelandet ist. Dazu muss beispielsweise der Streitwert zwischen zehn und 50.000 Euro liegen. Auch wenn die Streitgrenze großzügig bemessen zu sein scheint: Geht es z. B. um Kündigungen von Wohnheimverträgen, werden die jährlichen Kosten für die Pflegeeinrichtung herangezogen und dann ist diese Summe schnell erreicht.
Ist das Pflegeheim zur Schlichtung bereit, entwirft der Schlichter einen neutralen Schlichtungsvorschlag. Beiden Parteien steht es frei, diesen anzunehmen oder abzulehnen. Ein Vergleich – und damit eine verbindliche Vereinbarung – kommt nur zustande, wenn beide Parteien den Vorschlag akzeptieren. Ist der Pflegebedürftige nicht damit einverstanden, bleibt der Weg vor Gericht. Die Verjährung ist für die Dauer des Schichtungsverfahrens übrigens ausgesetzt. Die ARAG Experten empfehlen, einen Schlichtungsantrag selbst dann zu stellen, wenn die Pflegeeinrichtung die Teilnahme in den AGB oder auf der Homepage bereits ausgeschlossen hat. Der konkrete Fall kann durchaus eine Ausnahme sein. Sind Bewohner einer Pflegeeinrichtung ohne Angehörige oder stark hilfebedürftig, steht Ihnen zur Bewältigung der formalen Anforderungen die Hilfe eines Dritten zu – etwa eines Betreuers.
Kein Fall für die Schlichter
Wenn es um rein zwischenmenschliche Probleme geht, können auch die Schlichter nicht helfen. Auch bei strafrechtlichen Sachverhalten wie z. B. Diebstahl, ist die Schlichtungsstelle nicht zuständig. Wurde eine Streitigkeit bereits vor Gericht entschieden oder besteht keine Aussicht auf Erfolg, weist die Schlichtungsstelle Anträge ebenfalls zurück.
(Quelle: ARAG SE)
(Foto: pixabay.de/TheDigitalArtist und PublicDomainPictures)